Arthur Schopenhauer und der Dalai Lama über das Glück

Kürzlich schrieb der Dalai Lama in einer TV-Programmzeitschrift über „6 Wege zum inneren Glück“. Hierzu erklärte er: „Ich bin davon überzeugt, dass der eigentliche Sinn unseres Lebens im Streben nach Glück besteht. Unsere Aufgabe besteht daher darin, das abzulegen, was zum Leid führt und das anzunehmen, was uns Glück beschert….Vor jeder Entscheidung sollten wir uns fragen: Wird sie mir Glück bereiten…“.

Ich frage mich, besteht der Sinn unseres Lebens wirklich nur darin, unser Glück anzustreben und bei allen unseren Entscheidung nur danach zu gehen, ob sie uns Glück bereiten, also zu unserem persönlichen Vorteil sind.  Werden wir nicht damit zu „Super-Egoisten“?  Im übrigen brauchen wir dazu kaum Ratschläge des Dalai Lamas, denn  egoistisches Verhalten ist uns mehr oder weniger – wie allen Lebewesen – von der Natur her angeboren.

Arthur Schopenhauer gab in seinen berühmten „Aphorismen zur Lebensweisheit“ ebenfalls  Ratschläge, um „möglichst angenehm und glücklich“ zu leben. Seine Schrift, so erklärte er,  sei eine Anleitung zu einem glücklichen Dasein. Das wäre aber – wie Schopenhauer zutreffend hervorhob – eine Moral, die  auf Eigennutz gestützt ist. Dabei könne es jedoch dauerhaftes Glück nicht geben, da jedem Wunsch nach seiner Befriedigung ein neuer Wunsch folgt.  Zweck des Lebens, so betonte Schopenhauer, sei nicht der, glücklich zu sein.

Schopenhauers „Aphorismen“ sind zwar seine bekannteste Schrift, aber weit bedeutender ist sein Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“.  Dort begründete Schopenhauer eine Philosophie, die der abendländischen Mystik, besonders aber dem in Indien entstandenen Buddhismus nahe steht.  Sie ist in ihrem Kern eine Erlösungslehre, bei der es wie in den Vier Edlen Wahrheiten des Buddha nicht nur um ein vorübergehendes Glück geht.

H.B.

Weiteres zu Arthur Schopenhauer und seiner Philosophie
> www.arthur-schopenhauer-studienkreis.de

6 Gedanken zu “Arthur Schopenhauer und der Dalai Lama über das Glück

  1. Bei Eckart von Hirschhausen las ich zu diesem Thema:
    Wir sind nicht auf der Erde, um glücklich zu sein.Das Ziel der Evolution war immer: Überleben…Glücksmomente sollen uns antreiben, unsere Überlebenschancen zu verbessern. Deshalb macht Essen Spaß. Deshalb macht Sex Spaß…Aber auf Dauer glücklich sein? Nein – das wäre der Tod! Die Urmenschen, die nach Mammutsteak und Orgie glücklich über die Wiese liefen, hat der Säbelzahntiger gefressen. Von denen stammen wir nicht ab. Wir überleben, weil Glück vorbeigeht und wir weiter dazulernen. Kein Mensch ist dazu verdammt, dauerhaft glücklich zu sein. Das ist eine frohe Botschaft.

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  2. Das wahre Glück im Buddhismus ist das „Nirwna“, das „Verwehen“ und bei Arthur Schopenhauer die „Willensverneinung“, die „Weltüberwindung“. Hierzu fand Schopenhauer wunderbare Worte:

    „Wenden wir aber den Blick von unserer eigenen Dürftigkeit und Befangenheit auf diejenigen, welche die Welt überwanden, in denen der Wille, zur vollen Selbsterkenntnis gelangt, sich in allem wiederfand und sich dann selbst frei verneinte …, so zeigt sich uns statt des rastlosen Dranges und Treibens, statt des steten Überganges von Wunsch zu Furcht und von Freude zu Leid, statt der nie befriedigten und nie ersterbenden Hoffnung, daraus der Lebenstraum des wollenden Menschen besteht, jener Friede, der höher ist als alle Vernunft, jene gänzliche Meeresstille des Gemüts, jene tiefe Ruhe, unerschütterliche Zuversicht und Heiterkeit, deren Abglanz im Antlitz, wie ihn Raffael und Correggio dargestellt haben, ein ganzes und sicheres Evangelium ist. Nur die Erkenntnis ist geblieben, der Wille ist verschwunden.“

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  3. „Gott, was ist Glück! Eine Grießsuppe, eine Schlafstelle und keine körperlichen Schmerzen – das ist schon viel.“
    Theodor Fontane in einem Brief an W. Hertz

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  4. „Werden wir nicht damit zu „Super-Egoisten“?“

    Denke nein. 😉

    Ich glaube, dass wahres Glück nie auf dem Rücken/ durch das Leid Anderer gefunden werden kann, es ist viel allumfassender und schließt die gute Beziehung, das korrekte Verhalten gegenüber der Umwelt mit ein.

    Außerdem muss Egoismus nichts schlechtes sein, eben dann, wenn er niemand anderem schadet/ nicht andere ausnutzt. Ein Eremit, der nur für sich lebt, weil er ganz egoistisch herausgefunden hat, dass das sein Lebensglück bedeutet, sich quasi nur mit seinem Ego zu beschäftigen und mit niemandem/ nichts sonst, macht meiner Meinung nach nichts moralisch Verwerfliches.

    Glück bedeutet für mich auch nicht, alles bekommen zu haben, was man sich gewünscht hat, „wunschlos glücklich“ zu sein, vielmehr die Erkenntnis, seinen Weg gefunden zu haben und ihn mit Freude zu beschreiten, wohin er auch führen mag.

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  5. Auch ich bin der Meinung, dass es nicht unbedingt moralisch verwerflich ist, wenn der Eremit – sofern er niemanden schadet – sich lediglich mit sich selbst beschäftigt und sich dabei nur um sein eigenes Vorankommen bemüht. Ein solches Verhalten kann ich aber nicht als besonders ethisch positiv bewerten, denn es ist durch und durch egoistisch.

    Problematisch finde ich die Auffassung, seinen Weg „mit Freude zu beschreiten, wohin er auch führen mag“. Man sollte sich, wie ich meine, schon Gedanken darüber machen, wohin der Weg führen kann. Die Religionsgeschichte kennt zahlreiche Beispiele dafür, welches Leid über Mensch und Tier religiöse Eiferer bringen können. Auch solche Leute beschritten einen Weg.

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    1. Wenn Egoismus angeboren ist, wie kann er dann ethisch nicht positiv sein? Beißt sich das nicht mit der Auffassung, dass wir ohne freien Willen eigentlich gar keine Möglichkeit haben, wider unsere Natur zu leben?

      „Seinen Weg gefunden zu haben“, wie ich schrieb, bedeutet für mich eigentlich auch, sich Gedanken darüber gemacht zu haben, wo er hinführen kann. Und auch religiöse Eiferer, die zwar Leid über andere bringen, können durch die Freude, die sie an ihrem Handeln haben, Glück empfinden. Was ich eigentlich damit sagen wollte, ist, dass ich nicht der Auffassung bin, es gäbe keine Zufriedenheit/ kein Glück, „da jedem Wunsch nach seiner Befriedigung ein neuer Wunsch folgt“. Auch wenn es immer noch ein Stückchen besser gehen mag, heißt das doch nicht, dass man nicht auch mit dem, was man bereits hat, ehrlich glücklich und zufrieden sein kann. Der Weg ist das Ziel. Vielleicht definiere ich einfach das Wort „Glück“ anders, weil es für mich nicht zwingend daraus besteht, immer genau das zu bekommen, was man sich wünscht.

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