Die Tierschutzpartei aus der Sicht eines Schopenhauerianers

Schopenhauerianer, die sich in der deutschen Parteienlandschaft umschauen, stoßen auf eine Partei, nämlich die Tierschutzpartei, deren Programm von besonderem Interesse ist:

Die Tierschutzpartei sieht sich laut ihrem Grundsatzprogramm „als Teil der Tierrechtsbewegung, die den Gedanken des Tierschutzes fortentwickelt“.  Arthur Schopenhauer war wohl der erste bedeutende Philosophen der Neuzeit, der sich entschieden für den Tierschutz einsetzte. Darüber hinaus kann er als einer der geistigen Väter der heutigen Tierrechtsbewegung gelten, denn  seine Philosophie enthält eine allumfassende Mitleidsethik und die Forderung nach Gerechtigkeit auch für Tiere.

Wie im Programm der Tierschutzpartei, so verlangte auch Schopenhauer (bereits mehr als 150 Jahre vorher!), Tiere um ihrer selbst willen zu achten und zu schützen. In der Präambel ihres Parteiprogramms stellt die Tierschutzpartei fest:  „Mensch, Tier und Natur sind eine untrennbare Einheit . Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge „. Das ist ganz im Sinne der Philosophie Schopenhauers. Diese enthält eine tiefe metaphysische Begründung, dass Mensch und Tier sich zwar äußerlich unterscheiden, aber letztlich im wesentlich gleich sind. Schopenhauer stand damit im Gegensatz  nicht nur zur damals vorherrschenden Religion, sondern auch  zu den maßgebenden Philosophen seiner Zeit.

Die Philosophie Schopenhauers geht davon aus, dass hinter allen Erscheinungen dieser Welt eine metaphysische Einheit steht, die er „Wille“ nannte.  Insofern ist seine monistische Philosophie eine konsequente Ganzheitslehre.  Wenn die Tierschutzpartei im Grundsatzprogramm ihren „ganzheitlichen Ansatz“ betont, dann meint sie das sicherlich nicht mit der Schopenhauerschen Begründung, aber in den praktischen Folgerungen sehe ich da keine wesentlichen Unterschiede.

H.B.

Weiteres zum Themenkreis Tierschutzpartei – Tierrechte – Schopenhauer

> www.tierrechte-tv.de 
www.arthur-schopenhauer-studienkreis.de

13 Gedanken zu “Die Tierschutzpartei aus der Sicht eines Schopenhauerianers

  1. Das Programm der Tierschutzpartei mag ja für den „Schopenhauerianer“ erfreulich sein, doch stellt sich die Frage, ob die Tierschutzpartei wirklich eine Chance hat, ihr Programm politisch umzusetzen.

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  2. Die Tierschutzpartei wird es sehr schwer haben, in den Bundestag oder in die Landesparlamente zu kommen, weil sie dazu mindestens 5% der Wählerstimmen erhalten müsste. Auf kommunaler und regionaler Ebene hingegen besteht – je nach den Wahlgesetzen in den einzelnen Bundesländern – oftmals kein oder ein geringerer Mindestprozentsatz. Dort hat die Tierschutzpartei schon jetzt durchaus reale Chancen. Wenn die Tierschutzpartei in vielen Kommunalparlamenten vertreten sein und dort im Sinne ihres Programmes gute Arbeit leisten würde, könnte das ein Sprungbrett sein für die Bundes- und Landesebene. Als Schopenhauerianer neigt man nicht zu übertriebenem Optimismus, aber auch bei realistischer Betrachtung sehe für die Tierschutzpartei – zumindest langfristig – Möglichkeiten, den Tierschutz politisch voranzubringen.

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  3. In die Gemeinde- und Stadtparlamente hineinzukommen, wird die Tierschutzpartei wohl früher oder später schaffen. Aber wie steht´s mit der Europawahl 2009?

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  4. Bei der Europawahl 2009 braucht die Tierschutzpartei zwar auch mindestens 5% der Wählerstimmen, um ins Europaparlament einzuziehen, aber dennoch ist diese Wahl für die Tierschutzpartei sehr wichtig. An der Europawahl kann die Tierschutzpartei über eine Bundesliste in allen Bundesländern teilnehmen. Damit dürfte es ziemlich sicher sein, dass die Tierschutzpartei deutschlandweit mindestens 0,5 % der Stimmen erhalten und dadurch die Bedingung erfüllen wird, um Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu bekommen. Diese staatlichen Mittel können dann zur Werbung für die Parteiziele eingesetzt werden, d. h. auch für Aufklärungsarbeit über den Tierschutz. Wie wichtig das ist, zeigt auch das folgende Zitat von Arthur Schopenhauer:

    „Erst, wenn jene einfache und über allen Zweifel erhabene Wahrheit, dass die Tiere in der Hauptsache und im Wesentlichen ganz das Selbe sind, wie wir, in´s Volk gedrungen sein wird, werden die Tiere nicht mehr als rechtlose Wesen dastehn und demnach der bösen Laune und Grausamkeit jedes rohen Buben preisgegeben sein; – und wird es nicht jedem Medikaster freistehn, jede abenteuerliche Grille seiner Unwissenheit durch die gräßlichste Qual einer Unzahl Tiere auf die Probe zu stellen, wie heut zu Tage geschieht.“

    Ich dachte an diese Worte Schopenhauers als ich vor einigen Tagen an einer der Hauptstraßen in Berlin ein Plakat der Tierschutzpartei zur Europawahl sah. Darauf war ein Affe zu sehen, festgemacht, den Kopf fixiert, im Tierversuch. Der Ausdruck seines Gesichts ging mir durch und durch. Arthur Schopenhauer ist auch hier – leider – äußerst aktuell geblieben.

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  5. Zur Tierschutzpartei sind ausführliche Zahlenangaben, zusammengestellt aus amtlichen Quellen, veröffentlicht unter
    http://www.tierrechte-tv.de/Tierschutzpartei/tierschutzpartei.html

    Aus den Zahlen dort wird meiner Meinung nach deutlich, dass die Tierschutzpartei bisher noch nicht genügend Unterstützung von der Tierschutz- und Tierrechtsbewegung gefunden hat. Ich frage mich deshalb, worum sich in der Tierschutzpartei nicht mehr Tierschützer und Tierrechtler engagieren. Am Programm kann es doch eigentlich nicht liegen – oder?

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    1. Doch, genau am Programm liegt es und an der Verbohrtheit so manches Tierschützers.
      Wo so viele Menschen ihre Augen verschließen vor dem Unrecht, das Tieren heutzutage geschieht, es verdrängen und als vermeindlich unwichtig in „Zeiten wie diesen“ abstempeln, schießen die, die bereit sind, sich für die Tierrechts-Sache aktiv einzusetzen, weit über ihr Ziel hinaus. Ihnen ist das Programm nicht „revolutionär“ genug, sie wollen diese Partei nicht wählen, weil sie ihnen nicht weit genug geht.
      So habe ich es als Begründung in einem Forum gelesen.
      Sie erklären sich und ihre Weltanschauung für das Non-Plus-Ultra und können und wollen nicht einsehen, dass es auch Menschen geben kann, die in ihrem Mitgefühl für die Mitgeschöpfe auf diesem Planeten (noch) nicht so weit sind wie sie selbst. Dass – gerade in einer Politik für die Massen – langsam, Schritt für Schritt vorwärts gegangen werden muss, weil ein Hau-Ruck-Effekt viele Leute dazu veranlasst, erst recht die Arme vor der Brust zu verschränken und diese „neuen Ideen“ abzublocken.
      Dass auch ein kleiner Schritt nach vorn ein Schritt nach vorn ist, wird nicht akzeptiert. Es sollen schon die Siebenmeilenstiefel sein…

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      1. Selbstverständlich muss die Tierschutzpartei Ideal und Realität auseinanderhalten und die Menschen da abholen, wo sie sind und nicht dort, wo man sie idealerweise gern hätte. Aus derem Grundsatzprogramm ist klar ersichtlich, dass diese Partei sich sehr wohl bewußt ist, dass sie nicht mit Siebenmeilenstiefeln, sondern nur Schritt für Schritt ihren Zielen näher kommen kann. Jeder kleine erfolgreiche Schritt nach vorn ist Grund zur Freude, denn andernfalls würde nur Frust sein und jede weitere Arbeit lähmen. Jedoch weiß jeder, der in der Tierschutzpartei aktiv ist, dass noch viele „dicke Bretter“ zu bohren sind, bis das Staatsziel im Grundgesetz, nämlich Tierschutz, nicht nur auf dem Papier steht.
        Weiteres zum Thema > http://www.tierrechte-tv.de

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  6. Vielleicht ist das Programm der Tierschutzpartei manchen Tierrechtlern zu wenig konsequent, „normalen“ Tierschützern aber schon zu radikal. Übrigens glaube ich, dass Schopenhauers Tierliebe vielen seiner Zeitgenossen zu weit ging. Schopenhauer war eben – nicht nur was seine Einstellung zu Tieren betrifft – seiner Zeit weit voraus.

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  7. Kann die Tierschutzpartei sich wirklich konsequent für Tierrechte einsetzen? Das würde ja bedeuten, die vegane, zumindest aber die vegetarische Lebensweise als Parteiziel ernsthaft anzustreben. Wie würden darauf die Mitglieder und Wähler der Tierschutzpartei reagieren? Schopenhauer konnte es sich leisten, konsequent das zu vertreten, was er für die Wahrheit hielt. Als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns war er nicht darauf angewiesen, dass seine Werke in großer Auflage verkauft werden. Schopenhauers Wahrheiten sind radikal und können manche Leser abschrecken – es sind eben Wahrheiten und keine bloßen Gefälligkeiten.

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  8. Schopenhauer sah sich selbst als Aristokrat des Geistes, als echten Philosophen. Von „politischen Philosophen“ hielt er nicht viel (s. „Über die Universitäts-Philosophie“ in Parerga I). Zum „politischen Welttreiben“ tauge das Genie nicht. Dementsprechend gehörte das Thema „Politik“ nicht zu Schopenhauers Schwerpunkten.

    Dennoch hatte sich Schopenhauer zu diesem Thema (in Kap.9, Parerga II) geäußert, und zwar eher im abwertenden Sinne. In der Moral gelte der Grundsatz: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füge keinem andern zu!“ In der Politik hingegen sei es umgekehrt: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füge du dem andern zu!“

    Sicherlich hat sich seit Schopenhauer, auch was Politik und Politiker angeht, manches geändert. Jedoch musste ich an Schopenhauers Ausspruch denken, als mich ein Bekannter aus dem politischen Umfeld einmal fragte, was die Steigerung von Feind und Todfeind sei. Antwort: Parteifreund. Hat sich wirklich so viel seit Schopenhauer geändert?

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  9. Vorausgesetzt, Schopenhauer hätte sich überhaupt für Parteien interessiert, was hätte er dann wohl zur Tierschutzpartei gesagt?

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  10. Zum Thema „politische Parteien“ hatte sich Schopenhauer, soweit mir bekannt ist, nicht geäußert. Das mag auch damit zusammenhängen, dass sich das moderene Parteienwesen in Deutschland erst nach den Revolutionsjahren 1848/49 entwickelte. Aus Schopenhauers grundsätzlicher Einstellung zur Politik lässt sich aber vermuten, dass politische Parteien nicht „seine Sache“ waren.

    Um 1850 wurden in Deutschland die ersten Tierschutzvereine gegründet. Die Entstehung der Tierschutzvereine hatte Schopenhauer nicht nur begrüßt, sondern auch gefördert:

    http://www.schopenhauer-buddhismus.de/Schopenhauer/Schopenhauer_Tierrechte/schopenhauer_tierrechte.html

    Ich nehme deshalb an, dass Schopenhauer auch der Tierschutzpartei positiv gegenüber gestanden hätte. Wenn nicht als Mitglied, so doch zumindest als Wähler der Tierschutzpartei könnte ich mir Schopenhauer gut vorstellen.

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