Sehr anschaulich beschrieb Arthur Schopenhauer den steinigen, dornenvollen und auch einsamen Pfad, der zu den Höhen der Philosophie führt. Um 1810, am Beginn seines philosophischen Lebensweges, auf dem er später zum weltberühmten Philosophen wurde, notierte Schopenhauer seine Gedanken, die ihm auf einer Reise in den Sinn kamen:
„Die Philosophie ist eine hohe Alpenstraße, zu ihr führt nur ein steiler Pfad über spitze Steine und stechende Dornen; er ist einsam und wird immer öder, je höher man kommt, und wer ihn geht, darf kein Grausen kennen, sondern muß alles hinter sich lassen und sich getrost im kalten Schnee seinen Weg selbst bahnen. Oft steht er plötzlich am Abgrund und sieht unten das grüne Thal: dahin zieht ihn der Schwindel gewaltsam hinab: aber er muß sich halten und sollte er mit dem eigenen Blut die Sohlen an den Felsen kleben. Dafür sieht er bald die Welt unter sich, ihre Sandwüsten und Moräste verschwinden, ihre Unebenheiten gleichen sich aus, ihre Mißtöne dringen nicht hinauf, ihre Rundung offenbart sich. Er selbst steht in reiner, kühler Alpenluft und sieht die Sonne, wenn unten noch schwarze Nacht liegt.“ (*)
Schopenhauers Weg, der ihn als Philosoph auf den Gipfel der Weltberühmtheit führte, war bis zu seinem letzten Lebensjahrzehnt ziemlich einsam. Er wurde von den maßgebenden Universitätsphilosophen kaum zur Kenntnis genommen, überwiegend sogar abgelehnt, und seine Bücher, darunter auch sein philosophisches Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung, blieben fast unverkäuflich. Erst sein Spätwerk mit seinen Aphorismen zur Lebensweisheit brachte den Durchbruch. Er wurde nun besonders durch seine lebensphilosophischen Schriften weit über die engen Grenzen der akademischen Philosophie bekannt, ja weltbekannt.
So ist Arthur Schopenhauer ein Beispiel dafür, dass man seinen Weg zur Wahrheit und Erkenntnis auch dann fortsetzen sollte, wenn er zur Einsamkeit führt. Letztlich kommt es ja nicht allein auf Berühmtheit, akademische Anerkennung und andere Äußerlichkeiten an. Weit wichtiger ist es, auf einem mehr oder weniger einsamen Weg zu einer Lebensphilosophie zu kommen, mit der sich etwas leichter leben und am Ende vielleicht auch etwas ruhiger sterben lässt.
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Anmerkung
(*) Arthur Schopenhauer , Der handschriftliche Nachlaß in fünf Bänden,
hrsg. von Arthur Hübscher, München 1985, Band 1: Frühe Manuskripte, S. 14.
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