Wer nie einen Hund gehalten hat,
weiß nicht was lieben und geliebt seyn ist. 1
Für Arthur Schopenhauer, der dieses Zitat aus dem Spanischen übersetzte, war das keine Übertreibung, denn er fand darin seine eigenen Erfahrungen während vieler Jahre bestätigt.
Schon in der Studentenzeit gehörte ein Pudel zu Schopenhauers Leben. So berichtete der Schopenhauer-Biograf Wilhelm von Gwinner, der den Philosophen noch persönlich kannte: „Mit Platon und Kants Werken, mit Sokrates Büste und Goethes Porträt, zogen damals bereits der Pudel und dessen Lager in die Studierstube ein.“ 2
Unter den Hunden, mit denen Schopenhauer sein weiteres Philosophenleben teilte, waren auch ein weißer und dann ein brauner Pudel. Beide nannte er Atma, was durchaus eine tiefere Bedeutung hatte und eng mit seiner den altindischen Upanishaden sehr nahe stehenden Philosophie zusammenhing: Atman, die individuelle Seele jedes Lebewesens, und Brahman, die Weltseele, sind laut Schopenhauer und den Upanishaden in ihrem tiefsten Wesenskern identisch.
Heinrich Hasse, Philosoph und Schopenhauer-Forscher, schrieb in seiner vorzüglichen Darstellung von Schopenhauers Leben und Werk zu den Lebensverhältnissen Schopenhauers und seines Pudels:
„Das Arbeitszimmer des Philosophen, in seiner Einrichtung von größter Anspruchslosigkeit, verrät schon äußerlich die charakteristische Gemeinschaft wissenschaftlicher, künstlerischer und ethisch-religiöser Wesenszüge seines Inhabers. Bildnisse von Descartes, Kant, Goethe und Shakespeare liefern seinen Schmuck, zu dem außer Kants Büste in den letzten Lebensjahren Schopenhauers eine vergoldete Statuette Buddhas kommt, die auf einer Marmorkonsole thront.
Sinnbildliche Bedeutung hat auch die Gesellschaft seines beständigen Lebensgenossen, des Pudels, der neben seinem profanen Namen den Titel Atma (d. h. etwa „Selbst“) führt. In dieser Wahl bekundet sich praktisch Schopenhauers dem jüdisch-christlichen Dogma entgegengesetzte Auffassung, welche in letzter Instanz zwischen Mensch und Tier keinen Wesensunterschied anerkennt, das ewige Urwesen in allem Lebenden erblickt, ja das Tier durch größere Unschuld, Ursprünglichkeit und Treuherzigkeit seines Verhaltens den Menschen übertreffen läßt.“ 3
Daher ist es wohl verständlich, wenn Arthur Schopenhauer seine Erfahrungen mit seinen „vierbeinigen Freundschaften“ und den Mitmenschen in folgendem Epigramm zum Ausdruck brachte:
Wundern darf es mich nicht,
daß Manche die Hunde verläumden:
Denn es beschämt zu oft leider
den Menschen den Hund. 4
Weiteres
zu > Arthur Schopenhauer und seiner Philosophie
sowie den > Upanishaden.
Anmerkungen
(1) Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band VII: Parerga und Paralipomena I, § 12: Die Philosophie des Neueren, Zürich 1977, S. 87.
(2) Wilhelm v. Gwinner, Schopenhauers Leben, 3. Ausgabe, Leipzig 1910, S. 66.
(3) Heinrich Hasse, Schopenhauer , München 1926, S. 53.
(4) Arthur Schopenhauer , a. a. O., Band X: Parerga II, S. 716.
(5) Holzschnitt von Johann Jakob Ettling. 1888 in der Frankfurter Latern erschienen.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.