Trost der Philosophie

Im April 1811 besuchte der damals 23-jährige Arthur Schopenhauer den 78-jährigen Dichter Christoph Martin Wieland.  Dieser hatte Schopenhauer abgeraten, lediglich Philosophie zu studieren, weil das doch kein solides Fach wäre. Schopenhauers Antwort:

Das Leben ist eine mißliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen, über dasselbe nachzudenken. *

Schopenhauer hatte wohl Wieland schließlich überzeugt, denn dieser sagte: „Ja, es scheint mir jetzt, Sie haben recht getan, junger Mann, ich verstehe jetzt ihre Natur; bleiben Sie bei der Philosophie.“

Wieland war ein Hausfreund von Johanna Schopenhauer, der Mutter des jungen Philosophen. So kam es dann wohl öfters zu Begegnungen. Während einer der Besuche Schopenhauers in Wielands Haus brachte ein Schuhmacher ein Paar Stiefel, wobei Wieland aus diesem Anlass erneut versuchte, Schopenhauer davon abzubringen, Philosophie zu studieren, und zwar mit der Bemerkung: „Nun sagen Sie, lieber Arthur, nützt dieser Mensch [also der Schuhmacher] der Welt nicht weit mehr, als ich ihr je mit allen meinen Schriften genützt habe? Überlegen Sie sich das, und stehen Sie ab von ihrem Vorhaben, ein so unpraktisches Studium, wie die Philosophie, zu ergreifen.“

Schopenhauer erwiderte, dass Wieland seine Verdienste gänzlich unterschätzen würde, denn seine Schriften hätten Tausenden von Menschen Trost und Erquickung unter den Leiden und Mühseligkeiten des Lebens gebracht, und dass er ihnen dadurch frischen Mut eingeflößt, dieselben zu ertragen. Wieland fühlte sich durch diese Antwort aufgerichtet und erklärte sich nach drei Tagen Bedenkzeit mit dem Entschluss des jungen Schopenhauers einverstanden, sich ganz der Philosophie zuzuwenden.

Wie sich dann später immer öfter zeigte, war das die richtige Entscheidung, denn gerade Arthur Schopenhauers Philosophie gab und gibt unzähligen Menschen Trost und Hoffnung.

H.B.

S. auch > Schopenhauer , Buddha und der Trost der Philosophie

Weiteres zu Arthur Schopenhauer und seiner Philosophie > hier .

* Aus: Arthur Schopenhauer , Gespräche, neue Ausgabe, hrsg. von Arthur Hübscher, Stuttgart-Bad Cannstatt 1971, S. 22. Auch der folgenden Darstellung (einschl. der Zitate) liegt diese Quelle (S. 22 f.) zugrunde.