Aus Anlass einer Erkrankung, weshalb ich übrigens auch hier beim Blog eine mehrmonatige Zwangspause einlegen musste, schaute ich mal in philosophischen Büchern nach, was diese zu dem für uns alle lebenswichtigen Thema “ Gesundheit “ mitzuteilen haben. So griff ich zum „Philosophischen Wörterbuch“ (21. Aufl., Stuttgart 1982) und zum „Wörterbuch der philosophischen Begriffe“ (2. Aufl., Hamburg 1955). Überrascht stellte ich fest, dass in beiden Standardwerken das Stichwort „Gesundheit “ fehlt. Offenbar ist Gesundheit für die akademische Philosophie kein Thema, was wiederum zeigt, wie abgehoben, d. h. lebensfremd, solche Art des Philosophierens sein kann. Völlig anders jedoch bei Arthur Schopenhauer:
Nicht nur gelegentlich, sondern an zahlreichen Stellen seiner philosophischen Werke ging Schopenhauer auf die überragende Bedeutung ein, welche die Gesundheit für unser Leben und auch für unsere geistige Erfassung dieser Welt hat. Oft sind wir uns aber dessen nicht bewusst. Solange wir gesund sind, nehmen wir unsere Gesundheit nicht besonders wahr und halten sie für eine Selbstverständlichkeit, was sie jedoch keineswegs ist.
So werden wir, schrieb Arthur Schopenhauer, „der drei größten Güter des Lebens, Gesundheit, Jugend und Freiheit, nicht als solcher inne, so lange wie wir sie besitzen; sondern erst nachdem wir sie verloren haben … Daß Tage unsers Lebens glücklich waren, merken wir erst, nachdem sie unglücklichen Platz gemacht haben.“
( Arthur Schopenhauer , Die Welt als Wille und Vorstellung II, Zürcher Ausg., S. 673)
Ja, jeder ernsthaft Kranke, dauerhaft Behinderte wird Schopenhauer da aus eigener Erfahrung zustimmen müssen.
Gesundheit ist zwar nicht alles, aber sie ist wichtiger als vieles, was uns sonst im Leben als wichtig erscheint. Schopenhauer hat das sehr deutlich hervorgehoben: „Besonders überwiegt die Gesundheit alle äußern Güter so sehr, daß wahrlich ein gesunder Bettler glücklicher ist, als ein kranker König.“
( Hierzu und den folgenden Schopenhauer – Zitaten : Arthur Schopenhauer , Aphorismen zur Lebensweisheit , Zürcher Ausg., S. 348 ff.)
Übrigens hat Schopenhauer sich in obigem Zitat nur auf die „äußern“ Güter bezogen – eine entscheidende Einschränkung, die beweist, dass es Schopenhauer hier nicht um ein bloßes egoistisches Gesundheitsstreben ging, denn gerade in seiner auf Mitleid beruhenden Ethik gibt es höhere Werte, die es rechtfertigen können, Leben und Gesundheit einzusetzen. Ich habe beispielsweise im Tierschutz Menschen kennengelernt, die sich aus Mitleid mit hilflosen, leidenden Tieren fast schon aufopferten. Hier sprach dann das Herz und nicht der nur dem eigenen egoistischen Wohlergehen dienende Verstand!
Ansonsten aber ist es, wie Schopenhauer bemerkte, „weiser … auf die Erhaltung seiner Gesundheit und auf die Ausbildung seiner Fähigkeiten, als auf die Erwerbung von Reichtum hinzuarbeiten“. Gesundheit sei wesentlich für unser Glück: „Hieraus aber folgt, daß die größte aller Torheiten ist, seine Gesundheit aufzuopfern, für was es auch sei, für Erwerb, Beförderung, für Gelehrsamkeit, Ruhm, geschweige für Wollust und flüchtige Genüsse …“
An diese Worte Schopenhauers musste ich denken, als am letzten Samstag die tragische Meldung kam, dass ein junger Mensch für eine Wette im Rahmen der ZDF-Spielshow „Wetten, dass …?“ schwer verletzt wurde und – falls er überlebt – wohl dauerhafte gesundheitliche Schäden davontragen wird. Ich kann und will hier nicht über die Risikobereitschft des Verunglückten urteilen. Fest steht aber für mich, dass unsere nach „flüchtigen Genüssen“ gierende Gesellschaft solche traurigen Vorfälle provoziert. So ist es und so war es auch zu Schopenhauers Zeiten, denn die Menschen mit allen ihren Torheiten haben sich seitdem nicht grundsätzlich geändert. Schon deshalb ist Arthur Schopenhauer ein aktueller Lebensphilosoph geblieben.
hb
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