Schopenhauer : Beglückende Heiterkeit

Eindrucksvoll wie kaum ein anderer weltberühmter Philosoph hat Arthur Schopenhauer das Leid von Mensch und Tier beschrieben. Deshalb ist es vielleicht überraschend, dass Schopenhauer eine Eigenschaft besonders positiv hervorgehoben hat, die leider eher selten in Erscheinung tritt, weil das leidvolle Leben wenig Anlass für sie gibt – die Heiterkeit! Sie kann nicht nur das Leben erleichtern, sondern laut Schopenhauers Aphorismen zur Lebensweisheit sogar „beglückend“ sein:

„Was nun aber, von jenen allen, uns am unmittelbarsten beglückt, ist die Heiterkeit des Sinnes: denn diese gute Eigenschaft belohnt sich augenblicklich selbst. Wer eben fröhlich ist, hat allemal Ursache es zu sein: nämlich eben diese, dass er es ist.

Nichts kann so sehr, wie diese Eigenschaft, jedes andere Gut vollkommen ersetzen; während sie selbst durch nichts zu ersetzen ist. Einer sei jung, schön, reich und geehrt; so fragt sich, wenn man sein Glück beurteilen will, ob er dabei heiter sei: ist er hingegen heiter; so ist es einerlei, ob er jung oder alt, gerade oder bucklig, arm oder reich sei; er ist glücklich …

Dieser wegen also sollen wir der Heiterkeit, wann immer sie sich einstellt, Tür und Tor öffnen: denn sie kommt nie zur unrechten Zeit; statt dass wir oft Bedenken tragen, ihr Eingang zu gestatten, indem wir erst wissen wollen, ob wir denn auch wohl in jeder Hinsicht Ursache haben, zufrieden zu sein; oder auch, weil wir fürchten, in unsern ernsthaften Überlegungen und wichtigen Sorgen dadurch gestört zu werden: allein was wir durch diese bessern ist sehr ungewiss; hingegen ist Heiterkeit unmittelbarer Gewinn.“ *

H.B.


* Arthur Schopenhauer, Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band VIII: Aphorismen zur Lebensweisheit, Zürich 1977, S. 354.

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